Dr. Klaus Heer

Schweiz am Sonntag vom 10. November 2013
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Erfolgreicher Mann sucht reiche Frau

Ex-SNB-Präsident Philipp Hildebrand katapultiert sich in eine andere gesellschaftliche Liga. Sie sind gut aussehend, reich, einflussreich. Mächtige Single-Frauen sind Karrierebooster für erfolgreiche und ehrgeizige Geschäftsmänner.

VON CLAUDIA MARINKA
Man kennt es zur Genüge: Erfolgreicher älterer Mann verliebt sich in eine jüngere Frau – sie faltenfrei und mindestens zehn Jahre jünger. Läuft es andersherum, schnappt sich die reife Frau einen Jüngeren, irritiert das bisweilen immer noch ein wenig. Geht der Mann eine Beziehung mit einer gleichaltrigen reichen Frau ein, ist es gesellschaftlich zwar anerkannt, behält jedoch ebenso einen Beigeschmack: Liebt er sie des Geldes wegen? Will er sich in die oberen Zehntausend hochschlafen? Lechzt er nach gesellschaftlicher Anerkennung? Ist es gar einfach bloss Liebe?

Ihre Geschichte ist ein modernes Märchen und stellt jede Prinzessinnen- Liebschaft in den Schatten. Er, der in der Finanzwelt bekannte Philipp Hildebrand, 50 Jahre alt, früherer Chef der Schweizerischen Nationalbank, angelt sich sie, Margarita Louis-Dreyfus, Witwe des ehemaligen Adidas-Besitzers Robert Louis-Dreyfus, geborene Bogdanova, 50 Jahre alt, Privatvermögen: 5,5 Milliarden Euro, zweitreichste Frau Frankreichs. Das welsche Nachrichtenmagazin «L’Hebdo» berichtete, dass sich Hildebrand schon im vergangenen Mai von seiner Frau Kashya getrennt haben soll, mit der er nach der unglückseligen Affäre um ein angeblich unziemliches Devisengeschäft zuletzt in London gelebt hatte: sie als Kunstgaleristin, er als Direktionsmitglied der Investmentfirma Blackrock.

DIESES BEISPIEL BELEGT aufs Neue: Frauen sind längst nicht mehr Anhängsel der Männer. Inzwischen verdienen Frauen ebenso viel Geld wie die Männer, oft auch mehr. Oder sie heiraten reich, leben reich geschieden, sind selbstständig, eigenständig und suchen sich ihrerseits nicht nur einen «Toy Boy», sondern einen ebenbürtigen Partner. Besitzt man Geld solchen Ausmasses, spielt Geld auch keine zentrale Rolle mehr. Es geht um mehr als Monetäres, es geht um das Ticket zur Welt der wirklich Einflussreichen. Nun hat sich Hildebrand mit Margarita Louis-Dreyfus nicht nur eine schwerreiche Erbin und Unternehmerin gekrallt, sondern auch noch eine gut aussehende und clevere Frau dazu. Mit ein Grund, warum diese Bindung für Aufsehen sorgt.

«Extrem gute weibliche Partien fallen nach wie vor stark auf. So stark, dass man diesen Männern kurzerhand unter- stellt, dass sie die finanzstarken Frauen nur aus Geldgründen gewählt haben und nicht aus Liebe», sagt Beziehungsexperte Klaus Heer. Geld sei natürlich immer ein potentes Auswahlkriterium für eine Paarung. Vor allem für Leute, die nicht sonderlich begütert sind – egal ob Männer oder Frauen. Doch einen Unterschied gibt es dann doch noch, wenn die Frau die bessere Partie ist als der Mann. Denn was Männer nach Möglichkeit zu vermeiden suchten, ist wirtschaftliche Abhängigkeit. «Sie wollen sich in der Regel nicht von einer Frau «aushalten» lassen. Frauen lassen eher zu, dass sie ein reicher Mann finanziell abhängig macht, indem sie ihr Schönheitskapital einsetzen», so Heer.
DOCH WIE STEHEN die Überlebenschancen einer Beziehung, in der die Partner ungleich materiell begütert sind? Dazu nochmals Paartherapeut Klaus Heer: «Es sind sicher nicht die Bankkonten der Partner, die über Langlebigkeit ihrer Beziehung entscheiden. Allerdings ist jede Schiefheit in einer Beziehung ein Risikofaktor. Auch ein wirtschaftliches Ungleichgewicht von Mann und Frau kann leicht zu einer mächtigen Herausforderung für die beiden werden. Dabei spielt es keine grosse Rolle, wer welche Mitgift in die Ehe eingebracht hat.»

Die Liaison Hildebrand/Louis-Dreyfus ist nicht die erste Zusammenführung, bei der die Frau über mehr Geld und Macht verfügt und sich einen vergleichsweise unbekannten Mann an ihre Seite holt. Der Bestand solcher Liebes-Fusionen hat unterschiedlichen Erfolg. Eines haben sie jedoch gleich: sie sind eine sogenannte Winwin-Situation. Der Mann kriegt Ruhm und Geld, die Frau einen hingebungsvollen und verlässlichen Partner. Im Idealfall finden zwei Menschen auch noch die grosse Liebe.

SO WIE IM FALL VON US-SUPERSTAR Tina Turner und ihrem Ehemann Erwin Bach, die sich in den 80er-Jahren als prominent-ungleiches Paar kennen gelernt hatten: Sie war damals bereits eine bekannte Sängerin, er ein deutscher Musikmanager. Heute, fast 30 Jahre später, sind die beiden verheiratet. Eine glückliche Fügung, wie es scheint. Da mag man vielleicht anderen Paaren schon eher ei- ne strategische Liebesplanung unterstellen, wie etwa der damals 39-jährigen Carla Bruni, Model und Sängerin. Die gebürtige Italienerin angelte sich einen der einflussreichsten Männer der Welt: den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Dieser hatte zwar Macht, war finanziell aber eher dünnbrüstig unterwegs. Bruni kommt aus einem steinreichen Elternhaus. Was ihm fehlte, war richtig Geld und Ruhm. Was ihr fehlte, war Macht. Beide bekamen, wonach sie suchten.

Bekanntes Beispiel war auch die Erbin und Unternehmerin Carolina Müller-Möhl, 44, und ihr Partner, der Banker Roger Lehmann. Sie galten als Teil der Schweizer Wirtschafts-Schickeria und waren gern gesehene Gäste an bekannten Anlässen. Magnet war Müller-Möhl, die ihr Vermögen von mehreren hundert Millionen vor 12 Jahren vom verunglückten Bankier Ernst Müller-Möhl geerbt hatte. Inzwischen haben sie sich wieder getrennt.
«Ein wirtschaftliches Ungleichgewicht von Mann und Frau kann leicht zur einer mächtigen Herausforderung für die beiden werden»
«POLITIKER, BANKIERS, Unternehmenschefs, Anwälte, alle machen ihr den Hof», schreibt die Journalistin Elsa Conesa in einer gerade erschienenen Biografie über Hildebrands neue Lebensgefährtin, Margarita Louis-Dreyfus. Erlegen ist sie jedoch dem Schweizer Finanzmanager. Die Meinungen über diese Bekanntschaft sind in der Öffentlichkeit gespalten: Die einen halten alles für einen PR- Gag, die anderen glauben an eine Liebesbeziehung. Wie auch immer, eines ist gewiss: Philipp Hildebrand hat sich mit dieser Beziehung in eine noch höhere Liga der Mächtigen und Reichen hochkatapultiert.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor