Dr. Klaus Heer

Blick am Abend vom 3. März 2015
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«Schweizer Frauen können es in der Küche am besten»

Über die Hälfte der Schweizer gibt an, genügend Komplimente vom Partner zu erhalten. Nur leider sind es nicht immer die richtigen. Eine Umfrage zeigt, was sich Männer und Frauen wirklich wünschen und wo es die grössten Unterschiede gibt.

VON CLAUDIA MASCHERIN
Komplimente gehen runter wie Öl. In der Schweiz: wie Bratöl.

In einer repräsentativen Umfrage von Parship geben knapp die Hälfte der befragten Frauen an, dass sie am häufigsten Komplimente für ihre Kochkünste erhalten. «Das beste Huhn, das ich je gegessen habe» ist aber nicht das Beste, was frau je gehört hat.

Zwar geizen die Männer auch nicht mit Komplimenten zum Äusseren – was sich Frauen aber wirklich wünschen, sind mehr Komplimente zu ihrer Lebenseinstellung und ihrer Hilfsbereitschaft.

Für Klaus Heer, Paartherapeut aus Bern, keine Überraschung: «Hohle und billige Schmeicheleien mag niemand. Besonders wenn sie fantasielos daherkommen. Wer mag schon immer wieder hören: ‹Du siehst sexy aus!› oder ‹Deine Wurst war super!›?»

Ein anderer Irrglaube sei, dass Komplimente als Versöhnungsgesten funktionieren. «Honig auf offene Wunden schmieren kommt nicht gut an. Viel lieber möchte man gehört und ernst genommen werden», sagt Heer.

Aber ist das überhaupt möglich, wenn das Gegenüber dauernd Witze reisst? So kriegen Männer laut Umfrage am zweithäufigsten Komplimente für ihren Humor. Gleich nach der Geduld sichert sich dieses Kriterium einen Podestplatz und stellt damit den grössten geschlechtsspezifischen Unterschied dar. Frauen kriegen für ihren Humor höchst selten Komplimente. Das Kriterium schafft es gerade mal auf Platz zwölf.

Ein Graben tut sich zwischen der West- und der Deutschschweiz auf. Die Welschen sprechen schweizweit am häufigsten Komplimente für die Intelligenz und Sinnlichkeit ihrer Partner aus. Im Gegensatz zu den Deutschschweizern sind ihnen dafür Verlässlichkeit und handwerkliche Fähigkeiten kaum ein Lob wert.

Egal, in welche Richtung Komplimente zielen, annehmen muss man laut Paartherapeut längst nicht alle: «Manche Komplimente sind verkappte Goodys, um den Partner zu manipulieren. Sie tun nicht wirklich wohl, und man lehnt am besten dankend ab.»

Denn das Wichtigste bei Komplimenten ist: dass sie ernst gemeint sind.

Das sagt der Paartherapeut zu Komplimenten

Nicht alle Komplimente kommen gut an. Klaus Heer, Paartherapeut aus Bern, erklärt, worauf es ankommt.

Wie wichtig sind Komplimente im Alltag?
Am zweitwichtigsten! An erster Stelle stehen meine offenen Augen und Ohren für mein Gegenüber. Sodass er deutlich merkt, dass ich ihn wahrnehme und annehme, wie er ist.

Wie schwierig ist es, Komplimente anzunehmen?
Manche Komplimente sind verkappte Goodys, um den Partner zu manipulieren. Sie tun nicht wirklich wohl und man lehnt sie am besten dankend ab. Manchmal sind Komplimente unglaubwürdig, weil sie mit dem realen Zusammenleben nicht übereinstimmen.

Wann sind Komplimente fehl am Platz?
Komplimente funktionieren selten als Versöhnungsgesten, wenn gerade Zoff und Zank war. Honig auf offene Wunden schmieren, kommt nicht gut an. Viel lieber möchte man gehört und ernst genommen werden. Übrigens mag niemand hohle und billige Schmeicheleien. Besonders wenn sie fantasielos und inflationär daherkommen. Wer will schon immer wieder hören: «Du siehst sexy aus!» oder «Deine Wurst war super!»?

Darf man Komplimente einfordern?
Darf man Geschenke einfordern? Das ist absurd. Viel fruchtbarer könnte sein: Ich sage dem anderen in einer ruhigen Stunde, dass ich unter dem lieblosen, rauhen Binnenklima leide. Und ich schlage gleich vor, was wir vielleicht tun könnten, um das zu ändern. Geheimtipp: Gehaltvolle Komplimente sind ansteckend. Wenn ich mit liebevollen Rückmeldungen anfange, begünstigt das fast sofort ein liebesfreundliches Klima. Und verleitet damit den Partner auch zu positiven Rückmeldungen.

Was lösen Komplimente aus?
Komplimente sind keinesfalls das Allheilmittel, als das sie oft von Beziehungsprofis angepriesen werden. Sie leiern schnell und gründlich aus, wenn die Liebe dem Alltagsstress nicht gewachsen ist. Sie sind höchstens das Sahnehäubchen auf dem zweisamen Mahl. Nicht mehr und nicht weniger.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor