SeniorIn 4/2016
«Liebe ist: Hören, was das Herz begehrt»
Eine neue Liebe finden. Nicht mehr am Arbeitsplatz oder in der Wandergruppe beispielsweise. Gar im Internet. Oder sich spontan noch einmal verlieben. Im Pensionsalter gar noch einmal Vater werden? Eines ist sonnenklar: Liebe kennt keine Grenzen.
VON KLAUS HEER
VON KLAUS HEER
Wir werden alle immer älter. Aber wir Männer sterben im Durchschnitt fünf Jahre vor den Frauen. Das ist für unsereinen bedenklich, wiewohl nicht wirklich unfair. Denn Männer leben gefährlicher und ungesünder. Eine grosse bayerische Klosterstudie Ende des letzten Jahrtausends hat belegt, dass beide Geschlechter praktisch die gleiche Lebenserwartung haben, wenn sie «vernünftig» leben. Eben ungefähr so wie Nonnen und Mönche.
Vor hundert Jahren waren Ehen nicht älter als 15-jährig, wenn der Tod sie schied. Heute dürfen – oder müssen wir mit satten 50 Jahren Ehedauer rechnen. Und gleichzeitig zeigt sich, dass verheiratete Leute eine klar höhere Lebenserwartung haben als allein lebende. Der Mensch ist kein geborener Einsiedler. Auch der alte nicht. Es tut ihm gut, wenn noch jemand da ist.
Eine neue Liebe finden
Ebenso klar liegt auf der Hand: Wenn wir älter werden, fällt es zunehmend schwer, eine neue Liebe zu finden. Unsere Attraktivität wächst ja nicht gerade mit den Jahren und Jahrzehnten. Viele von uns sind vom Leben gezeichnet. Unser Zerfall ist nicht zu übersehen. Und wir werden gerne schrullig, manche sind ernüchtert bis bitter. Viele ziehen sich mehr und mehr zurück. Und da klingelt eben nur selten jemand an der Wohnungstür, der sich auf seine alten Tage mit mir zusammentun möchte.
Immerhin scheinen vor allem ältere Frauen zwischen 55 und 75 in Zeitungsinseraten eine neue Partnerschaft zu suchen. Doch dieser Eindruck täuscht wohl. Zwar gibt es unter den älteren Frauen immer mehr selbstständige und selbstbewusste Frauen, die den Rest ihres Lebens nicht in Einsamkeit hinter sich bringen wollen. Gleichzeitig verspüren aber nur noch wenige Frauen Lust, sich einen Mann anzulachen, der sich unausgesprochen eine Krankenschwester für die oberen Pflegestufen organisieren möchte.
Junge Leute suchen und finden ihre Liebe offenbar gern im Internet. Dort bieten sich deutlich vielfältigere Möglichkeiten als früher, jemanden näher kennenzulernen. Natürlich steht dieser Weg allen Leuten offen. Man ist nicht mehr nur auf Wandergruppe, Jodelclub und Lokalzeitung angewiesen. Aber wer älter wird, sieht sich hier mit zwei Hindernissen konfrontiert: Viele sind den neuen Medien gegenüber misstrauisch, obwohl sie sie gar nicht kennen. Und sie fürchten den Lernaufwand, den sie glauben leisten zu müssen, um reinzukommen. «Das ist nichts mehr für mich...»
Vor hundert Jahren waren Ehen nicht älter als 15-jährig, wenn der Tod sie schied. Heute dürfen – oder müssen wir mit satten 50 Jahren Ehedauer rechnen. Und gleichzeitig zeigt sich, dass verheiratete Leute eine klar höhere Lebenserwartung haben als allein lebende. Der Mensch ist kein geborener Einsiedler. Auch der alte nicht. Es tut ihm gut, wenn noch jemand da ist.
Eine neue Liebe finden
Ebenso klar liegt auf der Hand: Wenn wir älter werden, fällt es zunehmend schwer, eine neue Liebe zu finden. Unsere Attraktivität wächst ja nicht gerade mit den Jahren und Jahrzehnten. Viele von uns sind vom Leben gezeichnet. Unser Zerfall ist nicht zu übersehen. Und wir werden gerne schrullig, manche sind ernüchtert bis bitter. Viele ziehen sich mehr und mehr zurück. Und da klingelt eben nur selten jemand an der Wohnungstür, der sich auf seine alten Tage mit mir zusammentun möchte.
Immerhin scheinen vor allem ältere Frauen zwischen 55 und 75 in Zeitungsinseraten eine neue Partnerschaft zu suchen. Doch dieser Eindruck täuscht wohl. Zwar gibt es unter den älteren Frauen immer mehr selbstständige und selbstbewusste Frauen, die den Rest ihres Lebens nicht in Einsamkeit hinter sich bringen wollen. Gleichzeitig verspüren aber nur noch wenige Frauen Lust, sich einen Mann anzulachen, der sich unausgesprochen eine Krankenschwester für die oberen Pflegestufen organisieren möchte.
Junge Leute suchen und finden ihre Liebe offenbar gern im Internet. Dort bieten sich deutlich vielfältigere Möglichkeiten als früher, jemanden näher kennenzulernen. Natürlich steht dieser Weg allen Leuten offen. Man ist nicht mehr nur auf Wandergruppe, Jodelclub und Lokalzeitung angewiesen. Aber wer älter wird, sieht sich hier mit zwei Hindernissen konfrontiert: Viele sind den neuen Medien gegenüber misstrauisch, obwohl sie sie gar nicht kennen. Und sie fürchten den Lernaufwand, den sie glauben leisten zu müssen, um reinzukommen. «Das ist nichts mehr für mich...»
Noch mit 60 Jahren Vater werden?
Immer häufiger hört man von älteren Männern, die jüngere Frauen heiraten und nochmals eine neue Familie gründen. Da ist der Zweifel beliebt, ob ein Mann mit 60 Jahren noch mit gutem Gewissen Vater werden könne. Grundsätzlich ist indes klar, dass sich die Liebe nicht in enge konventionelle Vorstellungen zwängen lässt. Sie macht, was sie will. Allerdings werden Mann und Frau mit grossem Vorteil sorgfältig sicherstellen, dass beide dieses Ungleichgewicht klar wollen. Und sich der Folgen ihres Entscheides voll bewusst sind. Das ist wohl anspruchsvoller, als es auf Anhieb aussieht. Ohne professionelle Begleitung würde ich mir einen solchen Schritt nicht zutrauen.
Man kann sich fragen, ob es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, eine glückliche Zweisamkeit zu leben. Doch vermutlich verändern sich die notwendigen Voraussetzungen im Lauf der Biografie nicht. Sie sind bloss etwas schwieriger zu erfüllen. Auf einen kurzen, prägnanten Nenner gebracht: Der Kopf muss beweglich sein und das Herz offen.
Am Anderen interessiert
Andererseits könnte der Erfahrungshintergrund von vielen Lebensjahrzehnten schwer auf einen Nenner gebracht werden. Wie fügt man gewachsene Werte und Lebenseinstellungen zusammen? Geht das überhaupt, ohne dass man sich verbiegen muss? Nein, die Liebe ist interessiert am Anderen, auch und besonders wenn er anders ist. Sie will ihn nicht eingemeinden. Mit zunehmendem Alter wächst die Gefahr, dem Gegenüber die eigene Sicht aufzudrängen. Egozentrisches Gehabe ist aber das glatte Gegenteil von Altersweisheit.
Das Herzstück jeder Liebe ist die beglückende Erfahrung, dass man einander seine Geschichte und seine Geschichten erzählen kann. Vorausgesetzt allerdings, es ist immer jemand da, der das hören will. Zeit unseres Lebens ist unser kraftvollstes Liebesorgan das Ohr, das direkt verbunden ist mit dem Herzen.
Immer häufiger hört man von älteren Männern, die jüngere Frauen heiraten und nochmals eine neue Familie gründen. Da ist der Zweifel beliebt, ob ein Mann mit 60 Jahren noch mit gutem Gewissen Vater werden könne. Grundsätzlich ist indes klar, dass sich die Liebe nicht in enge konventionelle Vorstellungen zwängen lässt. Sie macht, was sie will. Allerdings werden Mann und Frau mit grossem Vorteil sorgfältig sicherstellen, dass beide dieses Ungleichgewicht klar wollen. Und sich der Folgen ihres Entscheides voll bewusst sind. Das ist wohl anspruchsvoller, als es auf Anhieb aussieht. Ohne professionelle Begleitung würde ich mir einen solchen Schritt nicht zutrauen.
Man kann sich fragen, ob es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, eine glückliche Zweisamkeit zu leben. Doch vermutlich verändern sich die notwendigen Voraussetzungen im Lauf der Biografie nicht. Sie sind bloss etwas schwieriger zu erfüllen. Auf einen kurzen, prägnanten Nenner gebracht: Der Kopf muss beweglich sein und das Herz offen.
Am Anderen interessiert
Andererseits könnte der Erfahrungshintergrund von vielen Lebensjahrzehnten schwer auf einen Nenner gebracht werden. Wie fügt man gewachsene Werte und Lebenseinstellungen zusammen? Geht das überhaupt, ohne dass man sich verbiegen muss? Nein, die Liebe ist interessiert am Anderen, auch und besonders wenn er anders ist. Sie will ihn nicht eingemeinden. Mit zunehmendem Alter wächst die Gefahr, dem Gegenüber die eigene Sicht aufzudrängen. Egozentrisches Gehabe ist aber das glatte Gegenteil von Altersweisheit.
Das Herzstück jeder Liebe ist die beglückende Erfahrung, dass man einander seine Geschichte und seine Geschichten erzählen kann. Vorausgesetzt allerdings, es ist immer jemand da, der das hören will. Zeit unseres Lebens ist unser kraftvollstes Liebesorgan das Ohr, das direkt verbunden ist mit dem Herzen.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor