Name: Edgar
Alter: 47
Beruf: Unternehmensberater
Beziehung: Seit 20 Jahren zusammen, seit 19 Jahren verheiratet mit Pia, 43, medizinisch-technische Assistentin
Kinder: Zwei
Alter: 47
Beruf: Unternehmensberater
Beziehung: Seit 20 Jahren zusammen, seit 19 Jahren verheiratet mit Pia, 43, medizinisch-technische Assistentin
Kinder: Zwei
20. September
Was beschäftigt Sie im Moment?
Der Eisschrank namens Ehefrau. Offenbar habe ich wieder irgendwas übersehen, die Verantwortung nicht ganz übernommen, eine gereizte Antwort gegeben, und schon war Feuer im Dach.
Was sagte sie?
«Du Arschloch!»
Was kam von Ihnen zurück?
Ich brauche solche Ausdrücke nur in höchster Verzweiflung. Ich bitte Pia, auf dem Boden zu bleiben, und sage ihr, es tue mir weh, wenn sie mich so beschimpfe. Als Antwort kommt: «Immer redest du von dir. Immer: Ich, ich, ich!» Dann fühle ich mich mundtot gemacht, kastriert. Seither ist die Beziehung tiefgekühlt.
Woran würde ein aussenstehender Beobachter die Tiefkühlung erkennen?
Wenn Leute da sind, lässt sich Pia nichts anmerken, ist nett wie immer. Aber zu mir ist sie arschkalt.
Sie frieren?
Ja. Sobald ich kann, gehe ich auf sie zu, gestehe ihr meine Schuld an dem Desaster ein und präsentiere ihr Lösungen, wie wirs künftig besser machen könnten.
Klingt so, als kröchen Sie zu Kreuze.
Manchmal schon, ja. Häufig fühle ich mich entmannt und voll auf der Verliererseite. Ich muss warten. Sie ist ja die Unverstandene, und sie beansprucht das Recht zu bestimmen, wie lange die Eiszeit zu dauern hat.
Wo messen Sie die Temperatur?
Ich schaue auf die Stellung ihrer Mundwinkel, auf ihren Blick bei der Begrüssung, auf ihren Tonfall.
Wissen Sie, wie Pia Sie wahrnimmt?
Sie empfindet mich wohl als hässig, und wenn sie mich fragt, warum ich so ungeniessbar sei, und ich ihr den Grund erkläre, wird sie fuchsteufelswild: «Du und dein Sexgehabe!» schreit sie. «Du kannst nicht verstehen, wie das ist, den ganzen Tag um die Kinder herum!»
Offenbar steht sie unter Druck.
Ja, sie hat sogar mal gesagt, sie sei schon unter Druck, wenn sie mich nur sehe.
18. Oktober
Wie leben Sie in letzter Zeit als Ehemann?
Nicht besonders gut. Pia ist seit mindestens zehn Tagen stinksauer auf mich. Das Ganze ist so verfahren, dass ich manchmal nicht mehr weiss, wo mir der Kopf steht. Ich bin müde vom ständigen Angegeifertwerden.
Sie kommen sich als Opfer vor?
Nein, eher als Arschloch vom Dienst. Letzten Samstag zum Beispiel: Ich räume die Geranien auf die Veranda und schneide die Dinger zurecht wie jedes Jahr. Pia kommt nach Hause und muffelt mich an, ich hätte die Geranien eigenmächtig geschnitten, ich hätte sie gefälligst vorher zu fragen! Nachher ist sie muffig, bis sie gegen zehn Uhr wortlos in ihr Bett geht. Wir haben ja seit ein paar Wochen getrennte Schlafzimmer – auf ihr Betreiben. Angeblich schnarche ich neuerdings.
Was ist mit Ihnen?
Ich stehe vor einem Berg. Bin schon müde vor dem Aufstieg.
5. November
Montagmorgenstimmung in Ihrer Ehe?
So lala. In letzter Zeit gabs mehr Ups als Downs bei uns, jedenfalls in der Familie, von Beziehung und Sexualität reden wir lieber nicht. Gut war gestern Abend, dass wir gegenüber unserem pubertierenden Sohn gemeinsam auftreten konnten.
Sie sind ein funktionstüchtiges Elternpaar!
Trotzdem hapert es gewaltig mit unserer Intimität.
Sie fegen mein Kompliment mit einem «Trotzdem» vom Tisch!
Ich bin nicht gemacht für eine rein funktionale Beziehung! Ich brauche Nähe und Liebe und möchte das auch geben können. Das Leben ist zu kurz, um nur zu funktionieren.
Elterlicher Schulterschluss hat für Sie nichts mit Liebe zu tun?
Nein, auch in eisigen Zeiten muss unsere Erziehung funktionieren, das machen wir für unsere Kinder. Wenn Wärme da ist zwischen uns, geht das Erziehen auch leichter.
Ich sehe, dass Sie viel in die Familie investieren.
Ja, sehr viel! Und mit grosser Freude.
Und was kommt zurück?
Der «Return on Investment» von den Kids ist 200 Prozent – für Pia ist meine Investition aber immer noch mangelhaft. Sie kritisiert mich ständig. Sie wirft mir sogar vor, dass ich sie abends kaum zu einem Wein einlade oder in die Arme nehme. Aber hier beisst sich die Katze in den Schwanz: Wenn ich ihr etwas Schönes vorschlage, weist sie mich ab.
Der Schluck Wein hat mehr Erfolgsaussichten als Kuscheln, schätze ich.
Genau.
Was ist attraktiv an einem gemeinsamen Glas Cabernet Sauvignon? Wein gibts nie beim Problemewälzen! Immer nur bei ungefährlichen Themen.
Problemewälzen ist immer alkoholfrei?
Ja! Aber genau genommen kann jedes noch so harmlose Thema versteckte Fallstricke bereithalten. Am gefährlichsten sind unsere unlösbaren Dauerbrenner wie Zweisamkeit, Zärtlichkeit und besonders Sex.
Was beschäftigt Sie im Moment?
Der Eisschrank namens Ehefrau. Offenbar habe ich wieder irgendwas übersehen, die Verantwortung nicht ganz übernommen, eine gereizte Antwort gegeben, und schon war Feuer im Dach.
Was sagte sie?
«Du Arschloch!»
Was kam von Ihnen zurück?
Ich brauche solche Ausdrücke nur in höchster Verzweiflung. Ich bitte Pia, auf dem Boden zu bleiben, und sage ihr, es tue mir weh, wenn sie mich so beschimpfe. Als Antwort kommt: «Immer redest du von dir. Immer: Ich, ich, ich!» Dann fühle ich mich mundtot gemacht, kastriert. Seither ist die Beziehung tiefgekühlt.
Woran würde ein aussenstehender Beobachter die Tiefkühlung erkennen?
Wenn Leute da sind, lässt sich Pia nichts anmerken, ist nett wie immer. Aber zu mir ist sie arschkalt.
Sie frieren?
Ja. Sobald ich kann, gehe ich auf sie zu, gestehe ihr meine Schuld an dem Desaster ein und präsentiere ihr Lösungen, wie wirs künftig besser machen könnten.
Klingt so, als kröchen Sie zu Kreuze.
Manchmal schon, ja. Häufig fühle ich mich entmannt und voll auf der Verliererseite. Ich muss warten. Sie ist ja die Unverstandene, und sie beansprucht das Recht zu bestimmen, wie lange die Eiszeit zu dauern hat.
Wo messen Sie die Temperatur?
Ich schaue auf die Stellung ihrer Mundwinkel, auf ihren Blick bei der Begrüssung, auf ihren Tonfall.
Wissen Sie, wie Pia Sie wahrnimmt?
Sie empfindet mich wohl als hässig, und wenn sie mich fragt, warum ich so ungeniessbar sei, und ich ihr den Grund erkläre, wird sie fuchsteufelswild: «Du und dein Sexgehabe!» schreit sie. «Du kannst nicht verstehen, wie das ist, den ganzen Tag um die Kinder herum!»
Offenbar steht sie unter Druck.
Ja, sie hat sogar mal gesagt, sie sei schon unter Druck, wenn sie mich nur sehe.
18. Oktober
Wie leben Sie in letzter Zeit als Ehemann?
Nicht besonders gut. Pia ist seit mindestens zehn Tagen stinksauer auf mich. Das Ganze ist so verfahren, dass ich manchmal nicht mehr weiss, wo mir der Kopf steht. Ich bin müde vom ständigen Angegeifertwerden.
Sie kommen sich als Opfer vor?
Nein, eher als Arschloch vom Dienst. Letzten Samstag zum Beispiel: Ich räume die Geranien auf die Veranda und schneide die Dinger zurecht wie jedes Jahr. Pia kommt nach Hause und muffelt mich an, ich hätte die Geranien eigenmächtig geschnitten, ich hätte sie gefälligst vorher zu fragen! Nachher ist sie muffig, bis sie gegen zehn Uhr wortlos in ihr Bett geht. Wir haben ja seit ein paar Wochen getrennte Schlafzimmer – auf ihr Betreiben. Angeblich schnarche ich neuerdings.
Was ist mit Ihnen?
Ich stehe vor einem Berg. Bin schon müde vor dem Aufstieg.
5. November
Montagmorgenstimmung in Ihrer Ehe?
So lala. In letzter Zeit gabs mehr Ups als Downs bei uns, jedenfalls in der Familie, von Beziehung und Sexualität reden wir lieber nicht. Gut war gestern Abend, dass wir gegenüber unserem pubertierenden Sohn gemeinsam auftreten konnten.
Sie sind ein funktionstüchtiges Elternpaar!
Trotzdem hapert es gewaltig mit unserer Intimität.
Sie fegen mein Kompliment mit einem «Trotzdem» vom Tisch!
Ich bin nicht gemacht für eine rein funktionale Beziehung! Ich brauche Nähe und Liebe und möchte das auch geben können. Das Leben ist zu kurz, um nur zu funktionieren.
Elterlicher Schulterschluss hat für Sie nichts mit Liebe zu tun?
Nein, auch in eisigen Zeiten muss unsere Erziehung funktionieren, das machen wir für unsere Kinder. Wenn Wärme da ist zwischen uns, geht das Erziehen auch leichter.
Ich sehe, dass Sie viel in die Familie investieren.
Ja, sehr viel! Und mit grosser Freude.
Und was kommt zurück?
Der «Return on Investment» von den Kids ist 200 Prozent – für Pia ist meine Investition aber immer noch mangelhaft. Sie kritisiert mich ständig. Sie wirft mir sogar vor, dass ich sie abends kaum zu einem Wein einlade oder in die Arme nehme. Aber hier beisst sich die Katze in den Schwanz: Wenn ich ihr etwas Schönes vorschlage, weist sie mich ab.
Der Schluck Wein hat mehr Erfolgsaussichten als Kuscheln, schätze ich.
Genau.
Was ist attraktiv an einem gemeinsamen Glas Cabernet Sauvignon? Wein gibts nie beim Problemewälzen! Immer nur bei ungefährlichen Themen.
Problemewälzen ist immer alkoholfrei?
Ja! Aber genau genommen kann jedes noch so harmlose Thema versteckte Fallstricke bereithalten. Am gefährlichsten sind unsere unlösbaren Dauerbrenner wie Zweisamkeit, Zärtlichkeit und besonders Sex.
17. November
Alles wie immer zu Hause? Nicht ganz. Wir hatten letzte Woche einen gewaltigen Streit wegen meiner angeblichen Unzulänglichkeiten und unerfüllten Erwartungen. Es eskalierte, und Pia wollte mich vor die Tür setzen, und ich hätte sie beinah hier aus dem Büro geschmissen. Es hätte wirklich schief gehen können. Tags darauf schrieb ich ihr einen Versöhnungsbrief, den ich ihr mit einer Rose überreichte. Ihre Reaktion war zwar kühl, aber seither ist unsere Betriebstemperatur langsam etwas angestiegen.
Was hätte ernsthaft schief gehen können?
Wie ich Pia kenne: Wenn sie mit Scheidung droht, gibt es keinen Pardon mehr! Die Scheidungsdrohung kam von uns beiden, ich wäre ums Haar gegangen!
Wäre das schlimm gewesen? Sehr schlimm! Für mich wäre eine Welt zusammengebrochen, auch wenn ich weiss, dass es mir letztendlich nur besser gehen könnte, wenn ich mein Leben neu in die Hand nähme.
Sind Pias Drohungen ernst zu nehmen?
In so einer extremen Situation, ja. Kein Zweifel, dass sie da konsequent über Leichen gehen würde.
Hat es schon vergleichbare ausdrückliche Scheidungsdrohungen gegeben?
Ja, ein paar Mal. Auch von mir.
In akuten Krisen kommen also von beiden Drohungen, die Ehe aufzulösen?
Leider ja. Obwohl wir uns versprochen haben, es nicht zu tun.
10. Dezember
Was erwartet sie von Ihnen?
Ich muss die Wäsche genau so aufhängen und falten wie sie, in fünfzehn Minuten ein Menü mit allem Drum und Dran herzaubern, Bücher über die beginnende Pubertät unserer älteren Tochter lesen und und und.
Mit all dem sind Sie überfordert?
Nein, gar nicht! Aber ich habe keine Lust, immer nur zu geben und nichts zu bekommen.
Ihre Bilanz ist schief?
Und wie!
Sie leisten beide Ihr persönliches Maximum für Familie und Beruf? Ja, aber trotz dieser Maximalinvestition hätte ich noch genügend Raum und Zeit für die Beziehungspflege, weil mir die eben sehr wichtig ist – im Gegensatz zu Pia! Auch das schönste Haus stürzt doch ein, wenn das Fundament lange genug bröckelt, oder? Und immer diese Missverständnisse! Sie spricht Chinesisch und ich Singhalesisch.
Gab es in Ihrer Geschichte eine Zeit, wo Sie die gleiche Sprache sprachen?
Vor dem Kindersegen, ja. Damals redeten wir oft bis in die Nacht hinein über alles und jedes. Es war leicht und vergnüglich, auf der gleichen Wellenlänge zu reiten. Auch im Erotischen lief es ohne Worte, ganz automatisch.
21. Februar
Sie sind resigniert?
Ja, weil die Kälteperioden immer länger werden. Früher konnten wir diese Eiszeiten mit Kuscheln auftauen. In meine Lücke im Bett ist jetzt mein jüngerer Sohn gesprungen. Damit hat Pia weiterhin jemanden zum Kuscheln.
Mehr als zwei Monate kein intimes Körperwärmen mehr?
Nein, schon viel länger! Seit vielen Monaten muss ich glücklich sein, wenn sie mich mal ein wenig anlächelt.
Alles wie immer zu Hause? Nicht ganz. Wir hatten letzte Woche einen gewaltigen Streit wegen meiner angeblichen Unzulänglichkeiten und unerfüllten Erwartungen. Es eskalierte, und Pia wollte mich vor die Tür setzen, und ich hätte sie beinah hier aus dem Büro geschmissen. Es hätte wirklich schief gehen können. Tags darauf schrieb ich ihr einen Versöhnungsbrief, den ich ihr mit einer Rose überreichte. Ihre Reaktion war zwar kühl, aber seither ist unsere Betriebstemperatur langsam etwas angestiegen.
Was hätte ernsthaft schief gehen können?
Wie ich Pia kenne: Wenn sie mit Scheidung droht, gibt es keinen Pardon mehr! Die Scheidungsdrohung kam von uns beiden, ich wäre ums Haar gegangen!
Wäre das schlimm gewesen? Sehr schlimm! Für mich wäre eine Welt zusammengebrochen, auch wenn ich weiss, dass es mir letztendlich nur besser gehen könnte, wenn ich mein Leben neu in die Hand nähme.
Sind Pias Drohungen ernst zu nehmen?
In so einer extremen Situation, ja. Kein Zweifel, dass sie da konsequent über Leichen gehen würde.
Hat es schon vergleichbare ausdrückliche Scheidungsdrohungen gegeben?
Ja, ein paar Mal. Auch von mir.
In akuten Krisen kommen also von beiden Drohungen, die Ehe aufzulösen?
Leider ja. Obwohl wir uns versprochen haben, es nicht zu tun.
10. Dezember
Was erwartet sie von Ihnen?
Ich muss die Wäsche genau so aufhängen und falten wie sie, in fünfzehn Minuten ein Menü mit allem Drum und Dran herzaubern, Bücher über die beginnende Pubertät unserer älteren Tochter lesen und und und.
Mit all dem sind Sie überfordert?
Nein, gar nicht! Aber ich habe keine Lust, immer nur zu geben und nichts zu bekommen.
Ihre Bilanz ist schief?
Und wie!
Sie leisten beide Ihr persönliches Maximum für Familie und Beruf? Ja, aber trotz dieser Maximalinvestition hätte ich noch genügend Raum und Zeit für die Beziehungspflege, weil mir die eben sehr wichtig ist – im Gegensatz zu Pia! Auch das schönste Haus stürzt doch ein, wenn das Fundament lange genug bröckelt, oder? Und immer diese Missverständnisse! Sie spricht Chinesisch und ich Singhalesisch.
Gab es in Ihrer Geschichte eine Zeit, wo Sie die gleiche Sprache sprachen?
Vor dem Kindersegen, ja. Damals redeten wir oft bis in die Nacht hinein über alles und jedes. Es war leicht und vergnüglich, auf der gleichen Wellenlänge zu reiten. Auch im Erotischen lief es ohne Worte, ganz automatisch.
21. Februar
Sie sind resigniert?
Ja, weil die Kälteperioden immer länger werden. Früher konnten wir diese Eiszeiten mit Kuscheln auftauen. In meine Lücke im Bett ist jetzt mein jüngerer Sohn gesprungen. Damit hat Pia weiterhin jemanden zum Kuscheln.
Mehr als zwei Monate kein intimes Körperwärmen mehr?
Nein, schon viel länger! Seit vielen Monaten muss ich glücklich sein, wenn sie mich mal ein wenig anlächelt.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor