FÜR SIE 2/2018
«Monogamie ist aufwendig»
Seit einigen Jahren versuchen Paare vermehrt, Dritte in ihre Ehe einzuladen, um langfristig das Paarglück zu sichern. Kann das funktionieren?
INTERVIEW: JESSICA KOHLMEIER
INTERVIEW: JESSICA KOHLMEIER
Können zusätzliche Partner eine Ehe wirklich bereichern? Schwierig: Die meisten Paare, sagt unser Experte, seien diesem Beziehungsmodell gar nicht gewachsen.
Was suchen Paare, die ihre Ehe für andere öffnen?
Eine Offenheit, die sie in ihrer geschlossenen Ehe vermissen. Man könnte auch sagen: die Fremdheit, die sie nicht imstande sind aufrechtzuerhalten, wenn sie mit jemandem vertraut werden. Eine gute Ehe aber braucht beide Zutaten: Vertrautheit und Fremdheit.
Und wie erhält man sich die Fremdheit?
Indem man sich die Neugier aufeinander, das Interesse aneinander wachhält und sich den Unterschieden, mit denen man konfrontiert wird, stellt. Wenn man dem Partner mit offenen Augen und offenem Herzen gegenübertritt, wird man immer wieder etwas Fremdes, Unverständliches an ihm entdecken – auch noch nach 30 Jahren. Sich zu verbinden ist leicht. Sich zu lösen und wieder eigenständig zu werden dagegen schwerer. Denn wenn die Harmonie nicht vollständig ist, verursacht das Schmerz und Ärger. Das muss man aushalten können.
Glauben Sie denn, dass eine offene Ehe funktionieren kann?
Nein. Ich glaube, dass die Konflikte, die man damit zur Hintertür hinauskehren möchte, doppelt zur Vordertür wieder hereinkommen. Die Langeweile, das Schweigen, der Mangel an Intensität – das alles kann man nicht einfach wegmachen, ohne dass im Ergebnis neue, andere Konflikte hinzukommen. Ein einziger Partner ist zu öde? Drei Partner werden es irgendwann auch.
Was suchen Paare, die ihre Ehe für andere öffnen?
Eine Offenheit, die sie in ihrer geschlossenen Ehe vermissen. Man könnte auch sagen: die Fremdheit, die sie nicht imstande sind aufrechtzuerhalten, wenn sie mit jemandem vertraut werden. Eine gute Ehe aber braucht beide Zutaten: Vertrautheit und Fremdheit.
Und wie erhält man sich die Fremdheit?
Indem man sich die Neugier aufeinander, das Interesse aneinander wachhält und sich den Unterschieden, mit denen man konfrontiert wird, stellt. Wenn man dem Partner mit offenen Augen und offenem Herzen gegenübertritt, wird man immer wieder etwas Fremdes, Unverständliches an ihm entdecken – auch noch nach 30 Jahren. Sich zu verbinden ist leicht. Sich zu lösen und wieder eigenständig zu werden dagegen schwerer. Denn wenn die Harmonie nicht vollständig ist, verursacht das Schmerz und Ärger. Das muss man aushalten können.
Glauben Sie denn, dass eine offene Ehe funktionieren kann?
Nein. Ich glaube, dass die Konflikte, die man damit zur Hintertür hinauskehren möchte, doppelt zur Vordertür wieder hereinkommen. Die Langeweile, das Schweigen, der Mangel an Intensität – das alles kann man nicht einfach wegmachen, ohne dass im Ergebnis neue, andere Konflikte hinzukommen. Ein einziger Partner ist zu öde? Drei Partner werden es irgendwann auch.
Alles nutzt sich ab. Die offene Ehe verlangt von uns, ein Paradoxon zu leben: im Hafen der Ehe zu dümpeln und gleichzeitig auf hoher See zu fahren. Verbunden zu sein und gleichzeitig frei. So weit sind wir evolutionsbedingt noch nicht: Das überfordert uns. Länger als ein paar Monate halten die meisten das nicht durch.
Spielt auch das Thema Eifersucht eine Rolle?
Unbedingt. Wir unterschätzen, wie verletzlich wir sind. Unsere Sehnsüchte sind meist sehr viel größer als unsere emotionalen Fähigkeiten, diese Sehnsüchte auch umzusetzen. Eifersucht ist ein sehr anspruchsvolles Gefühl – die meisten haben nicht gelernt, es in seine Schranken zu weisen.
Vielen fällt es aber schwer, über Jahre treu zu sein.
Monogamie ist eine Erfindung der Verliebtheit: Treue fällt uns leicht, solange wir voneinander begeistert sind und die Leidenschaft brennt. Danach ist sie mit großem Aufwand verbunden. Man steht vor der Aufgabe, dem anderen treu zu bleiben, gleichzeitig aber auch sich selbst. Fremdzugehen – auch einvernehmlich – macht Letzteres nur scheinbar einfacher. «Ich bin ja selbst auch untreu, also sind wir quitt» ist eine Milchmädchenrechnung: Wir übersehen dabei die Realität und die Sehnsüchte, die wir haben, um eine Beziehung dauern zu lassen. Wenn wir zu einem neuen Partner wechseln, um Bedürfnisse auszulagern, fehlt es der Hauptbeziehung an Tiefe. Wir betreiben dann extensive Bewirtschaftung unserer Emotionen – dabei wünschen wir uns doch alle eine intensive Bindung. Oder besser: eine tiefe, einmalige Liebe.
Spielt auch das Thema Eifersucht eine Rolle?
Unbedingt. Wir unterschätzen, wie verletzlich wir sind. Unsere Sehnsüchte sind meist sehr viel größer als unsere emotionalen Fähigkeiten, diese Sehnsüchte auch umzusetzen. Eifersucht ist ein sehr anspruchsvolles Gefühl – die meisten haben nicht gelernt, es in seine Schranken zu weisen.
Vielen fällt es aber schwer, über Jahre treu zu sein.
Monogamie ist eine Erfindung der Verliebtheit: Treue fällt uns leicht, solange wir voneinander begeistert sind und die Leidenschaft brennt. Danach ist sie mit großem Aufwand verbunden. Man steht vor der Aufgabe, dem anderen treu zu bleiben, gleichzeitig aber auch sich selbst. Fremdzugehen – auch einvernehmlich – macht Letzteres nur scheinbar einfacher. «Ich bin ja selbst auch untreu, also sind wir quitt» ist eine Milchmädchenrechnung: Wir übersehen dabei die Realität und die Sehnsüchte, die wir haben, um eine Beziehung dauern zu lassen. Wenn wir zu einem neuen Partner wechseln, um Bedürfnisse auszulagern, fehlt es der Hauptbeziehung an Tiefe. Wir betreiben dann extensive Bewirtschaftung unserer Emotionen – dabei wünschen wir uns doch alle eine intensive Bindung. Oder besser: eine tiefe, einmalige Liebe.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor