Dr. Klaus Heer

Beobachter vom 13. Dezember 2013
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«Schlafzimmer – Raum voller Gefühle»

Kein Raum wird auf so vielfältige Weise genutzt wie das Schlafzimmer. Und in keinem Raum wohnen so viele Erinnerungen.

TEXT: MARIANNE BOTTA DIENER
Mein Schlafzimmer zeigen? Nie im Leben! Menschen zu finden, die einen Blick hinter ihre Schlafzimmertür erlauben, ist alles andere als einfach.

Den Berner Paartherapeut Klaus Heer erstaunt das nicht: «Das Schlafzimmer ist ein emotional und symbolhaft aufgeladener Ort. Hier hat man, sei es als Paar oder Einzelperson, die widersprüchlichsten Dinge erlebt, an denen man Fremde nicht teilhaben lassen will.» Entsprechend stark ist die Bindung zu diesem Raum.

Im Schlafzimmer werden Kinder gezeugt, manchmal auch geboren, Krankheiten auskuriert, und manchmal wird auch gestorben. Für welche weiteren Tätigkeiten hält man sich ebenfalls im Schlafzimmer auf? Mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer gaben bei einer Umfrage an, das Zimmer auch zum Lesen zu nutzen, ein Viertel auch zum Musikhören und Fernsehen. Jede dritte Person entspannt sich regelmässig darin, und jeder sechsten dient es als Arbeitsraum.

Er schnarcht, sie will lesen

Bloss ein Siebtel der befragten Frauen und Männer dagegen tauscht täglich Intimität und Zärtlichkeit im Schlafzimmer aus.
Keine Antwort gibt die Studie auf die Frage, wie oft im Schlafzimmer gezankt wird: Sie möchte im Bett noch lesen, ihn stört das Licht. Das offene Fenster verschafft ihr frische Luft, ihm eine böse Erkältung. Er schnarcht, sie hustet unermüdlich – allnächtliche Konflikte in vielen Schlafzimmern. «Manchen Paaren tut das gemeinsame Schlafen nicht gut», sagt Klaus Heer. Denn an erholsames Schlafen sei nicht zu denken, wenn die Bedürfnisse zu verschieden sind.
Getrennte Schlafstätten bieten oft deutlich mehr Komfort. «Schlafen im eigenen Zimmer», so Heer, «vermittelt ein Gefühl von Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und freiem Atem – Lebensqualitäten, die in der Enge einer festen Beziehung oft knapp werden.» Die Sexualität dürfte ebenfalls profitieren. Etwas Distanz, auch in der Nacht, kann der Erotik nur förderlich sein.

Gemeinsam oder getrennt?

Anderseits ist das breite Ehebett der Inbegriff der Zweisamkeit. Reden, kuscheln, lesen, in der Löffelstellung schlafen und sich wärmen tut vielen Beziehungen gut. «Von Vorteil ist, wenn das Paar den abendlichen Abschied und das Erwachen am Morgen bewusst mit einem kleinen Ritual gestaltet», rät Paartherapeut Klaus Heer.

Ob gemeinsames oder getrenntes Schlafzimmer: Für erotische Stunden ohne Kleider und Decke sollte es warm genug sein. Zwei Einzelmatratzen grenzen zwar das Territorium von Mann und Frau klar ab, doch dem Kuscheln sind sie hinderlich. Eine Leselampe hat einen klar definierten Zweck, für die körperliche Liebe ist gedämpftes, farbiges Licht jedoch weit stimmungsvoller – nicht zuletzt, weil es körperliche Unvollkommenheiten in höfliche Wärme taucht. «Männer halten beim Sex gerne die Augen offen, Frauen lassen sich lieber über Berührungen stimulieren», erklärt Heer und rät deshalb, zwischen heller und dunkler abzuwechseln.
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor