Neue Luzerner Zeitung vom 22. November 2010
Als die Sexwelle ihren ersten Höhepunkt erreichte
KINO Softporno-Filme unter dem Deckmantel von Aufklärung: Vor 40 Jahren lief der erste «Schulmädchen-Report» und wurde zu einem riesigen Kinoerfolg. Eine Rückblende zeigt auf, weshalb das möglich war und welche Folgen diese und ähnliche Streifen hatten.
DIERK STROTHMANN UND HANS GRABER
DIERK STROTHMANN UND HANS GRABER
Hier geht es im Freien zur Sache – so wie laut «Schulmädchen-Report» eigentlich überall und jederzeit und meist auf Initiative der Frauen. Bild Cinetext
Heute wirken sie angesichts jederzeit verfügbarer Internet-Pornografie harmlos, miefig und auch albern. Die Rede ist von den «Schulmädchen-Reports», deren erster Teil «Was Eltern nicht für möglich halten» vor 40 Jahren, am 23. Oktober 1970, in die Kinos kam. Aber diese Filme waren dennoch eine bemerkenswerte Facette einer gesellschaftspolitischen Revolution, die ab Mitte der Sechzigerjahre ins Laufen kam.
In den «Schulmädchen-Reports» ging es nicht um Schulkinder, sondern um Gymnasiastinnen. Mit pseudowissenschaftlichem Ansatz wurde da über die sexuellen Praktiken junger Frauen «auf- geklärt». Die Filme waren eine spektakuläre Schaumkrone auf der so ge- nannten Sexwelle. Diese über- schwemmte damals Zeitschriften und Kinos und veränderte die von Prüderie und Tabus geprägte Nachkriegsgesellschaft der westlichen Welt nachhaltig.
Nach Kolle brachen die Dämme
Die Menschen erfuhren in Filmen wie «Wunder der Liebe» (1968) des kürzlich verstorbenen Oswald Kolle und später auch aus den 13 Streifen der «Schul- mädchen-Reports» Dinge über das Zusammenleben von Mann und Frau, die ihnen weder im Elternhaus noch in der Schule und schon gar nicht in der Kirche vermittelt wurden. Erstmals gab es filmischen Anschauungsunterricht – nicht in schmuddeligen Pornokinos, sondern in Lichtspieltheatern, in denen auch Klassiker gezeigt wurden.
In den «Schulmädchen-Reports» ging es nicht um Schulkinder, sondern um Gymnasiastinnen. Mit pseudowissenschaftlichem Ansatz wurde da über die sexuellen Praktiken junger Frauen «auf- geklärt». Die Filme waren eine spektakuläre Schaumkrone auf der so ge- nannten Sexwelle. Diese über- schwemmte damals Zeitschriften und Kinos und veränderte die von Prüderie und Tabus geprägte Nachkriegsgesellschaft der westlichen Welt nachhaltig.
Nach Kolle brachen die Dämme
Die Menschen erfuhren in Filmen wie «Wunder der Liebe» (1968) des kürzlich verstorbenen Oswald Kolle und später auch aus den 13 Streifen der «Schul- mädchen-Reports» Dinge über das Zusammenleben von Mann und Frau, die ihnen weder im Elternhaus noch in der Schule und schon gar nicht in der Kirche vermittelt wurden. Erstmals gab es filmischen Anschauungsunterricht – nicht in schmuddeligen Pornokinos, sondern in Lichtspieltheatern, in denen auch Klassiker gezeigt wurden.
«Es war die Geschäftsidee meines Lebens.»
WOLF C. HARTWIG, FILMPRODUZENT
WOLF C. HARTWIG, FILMPRODUZENT
Ende Oktober 1970 liefen in Luzern «Spiel mir das Lied vom Tod», «Easy Rider», «Zabriskie Point». Der «Schul- mädchen-Report» kam erst später, stattdessen aber wurde «wegen ausser- ordentlicher Nachfrage» der Knüller «Anatomie des Liebesaktes» um eine weitere Woche verlängert. Nichts mit Sex am Hut hatte «Stosstrupp Gold» mit Clint Eastwood, wohl aber der im Kino Merkur in Emmenbrücke laufende Streifen «Helga und Michael».
Offizielle Aufklärungsfilme
Dieser durfte – wie Vorgänger «Helga» – gar in Anspruch nehmen, ein seriöser Aufklärungsfilm zu sein, war er doch vom deutschen Gesundheitsministerium initiiert worden. Entsprechend wenig Nacktes gabs zu sehen. Aber selbst die spröden «Helga»-Filme füllten die Säle. Nachdem Sex in allen Lebensbereichen ein Tabu gewesen war, konnte man mit ein bisschen Ausziehen die Massen anziehen.
Das dachte sich sicher auch der Filmproduzent Wolf C. Hartwig (heute 89-jährig), nachdem er das Buch «Schulmädchen-Report» gelesen hatte. Geschrieben hatte es Günter Hunold (heute 84), der zwischen 1969 und 1995 reihenweise «Aufklärungsbücher» raus- haute, oft mehrere pro Jahr, mit Titeln wie «224 abartige Liebespositionen» oder «Ist mein Mann pervers?». Und eben «Schulmädchen-Report», erschienen 1970 im Münchner Kindler-Verlag.
Nur Monate später gab es den gleichnamigen Film: «Es war die Geschäftsidee meines Lebens», jubelte Wolf C. Hartwig. Er speiste Autor Hunold mit einer 30 000-Mark-Pauschale ab, engagierte von den Münchner Kammerspielen den Schauspieler Friedrich von Thun und schickte ihn als «Reporter» auf die Strasse, um dort namentlich nicht identifizierbare Leute zu Themen wie Masturbation, Entjungferung, Inzest oder Homosexualität zu befragen.
Offizielle Aufklärungsfilme
Dieser durfte – wie Vorgänger «Helga» – gar in Anspruch nehmen, ein seriöser Aufklärungsfilm zu sein, war er doch vom deutschen Gesundheitsministerium initiiert worden. Entsprechend wenig Nacktes gabs zu sehen. Aber selbst die spröden «Helga»-Filme füllten die Säle. Nachdem Sex in allen Lebensbereichen ein Tabu gewesen war, konnte man mit ein bisschen Ausziehen die Massen anziehen.
Das dachte sich sicher auch der Filmproduzent Wolf C. Hartwig (heute 89-jährig), nachdem er das Buch «Schulmädchen-Report» gelesen hatte. Geschrieben hatte es Günter Hunold (heute 84), der zwischen 1969 und 1995 reihenweise «Aufklärungsbücher» raus- haute, oft mehrere pro Jahr, mit Titeln wie «224 abartige Liebespositionen» oder «Ist mein Mann pervers?». Und eben «Schulmädchen-Report», erschienen 1970 im Münchner Kindler-Verlag.
Nur Monate später gab es den gleichnamigen Film: «Es war die Geschäftsidee meines Lebens», jubelte Wolf C. Hartwig. Er speiste Autor Hunold mit einer 30 000-Mark-Pauschale ab, engagierte von den Münchner Kammerspielen den Schauspieler Friedrich von Thun und schickte ihn als «Reporter» auf die Strasse, um dort namentlich nicht identifizierbare Leute zu Themen wie Masturbation, Entjungferung, Inzest oder Homosexualität zu befragen.
Die Aussagen wurden in ziemlich freizügiger Form filmisch umgesetzt. Details des Liebesaktes waren nicht zu sehen, auch Erektionen fehlten, hin und wieder kam ein baumelnder Penis ins Bild, vor allem aber haufenweise wippende Brüste, nackte Hintern und buschige Schamregionen.
«Altherren-Fantasien»
Die Dialoge waren – heutige Massstäbe angesetzt – dünn, unbeholfen und unfreiwillig komisch. Der ganze Ansatz – Softporno unter dem Deckmantel von Aufklärung – war scheinheilig, die kommerzielle Absicht durchsichtig. Ein Kritiker bemerkte, dass «Schulmädchen-Report» voyeuristisch «Altherren-Fantasien» bediene, denn fast immer ging die sexuelle Aktivität von den jungen Frau- en (oder ihren Müttern) aus.
Das änderte aber nichts am Erfolg. Den ersten «Schulmädchen-Report» sahen in Deutschland sieben Millionen Menschen, was immerhin Platz vier in der ewigen Bestenliste der jemals in Deutschland produzierten Filme ist (hinter «Der Schuh des Manitu», «(T)Raumschiff Surprise» sowie «Otto – Der Film») – und das mit lächerlichen Produktionskosten von 220 000 Mark.
Keine Schweizer Zahlen
Für die Schweiz liegen keine Besucher- zahlen vor, weder beim Kino- und Filmverleih-Verband ProCinema noch beim Bundesamt für Statistik (BFS). Erotisches oder Pornografisches fiel ausser Rang und Traktanden, obwohl nicht zu leugnen sei, dass auch solche Streifen sehr wichtig gewesen seien, wie Umberto Tedeschi vom BFS sagt. Aber: «Das Erfassen solcher Filme gehört
nicht zu unserem Auftrag.» Anzunehmen ist, dass in der Schweiz die Zuschauerzahlen für «Schulmädchen- Report» in die Hunderttausende gehen. Weltweit sollen es über 100 Millionen Menschen gewesen sein.
Klangvolle Namen
Die «Darstellerinnen» waren oft junge Verkäuferinnen aus den umliegenden Kaufhäusern in München. Sie wussten zwar nicht immer so genau, worauf sie sich da einliessen, bekamen aber im-merhin 500 Mark Tagesgage, was damals fast dem Monatsgehalt einer Verkäuferin entsprach. Mit wachsendem Filmerfolg stiegen auch die Gagen, und es kamen sogar ein paar «richtige» Schauspieler hinzu, von denen einige heute recht klangvolle Namen haben: Heiner Lauterbach, Jutta Speidel, Lisa Fitz, Ingrid Steeger, Sascha Hehn oder Cleo Kretschmer. Auch mitgewirkt hat ein gewisser Horst Lettenmayer, der den allermeisten von uns aus dem «Tatort» bekannt ist. Dort wirkt er seit Anbeginn in jeder Folge mit – die Augen im Vorspann gehören ihm.
Steinreich wurde aber nur Produzent Hartwig, auch wenn weder der eilends abgedrehte zweite Teil («Was Eltern den Schlaf raubt», 1971) noch die weiteren 11 Folgen die Zahlen des Erstlings erreichten. 1980 war dann das Konzept definitiv abgenudelt. Immerhin: Schulmädchen- und krachlederne Almdudler-Erotik («Unterm Dirndl wird gejodelt») verhalfen später den deutschen TV-Privatsendern auch noch zu respektablen Einschaltquoten.
«Altherren-Fantasien»
Die Dialoge waren – heutige Massstäbe angesetzt – dünn, unbeholfen und unfreiwillig komisch. Der ganze Ansatz – Softporno unter dem Deckmantel von Aufklärung – war scheinheilig, die kommerzielle Absicht durchsichtig. Ein Kritiker bemerkte, dass «Schulmädchen-Report» voyeuristisch «Altherren-Fantasien» bediene, denn fast immer ging die sexuelle Aktivität von den jungen Frau- en (oder ihren Müttern) aus.
Das änderte aber nichts am Erfolg. Den ersten «Schulmädchen-Report» sahen in Deutschland sieben Millionen Menschen, was immerhin Platz vier in der ewigen Bestenliste der jemals in Deutschland produzierten Filme ist (hinter «Der Schuh des Manitu», «(T)Raumschiff Surprise» sowie «Otto – Der Film») – und das mit lächerlichen Produktionskosten von 220 000 Mark.
Keine Schweizer Zahlen
Für die Schweiz liegen keine Besucher- zahlen vor, weder beim Kino- und Filmverleih-Verband ProCinema noch beim Bundesamt für Statistik (BFS). Erotisches oder Pornografisches fiel ausser Rang und Traktanden, obwohl nicht zu leugnen sei, dass auch solche Streifen sehr wichtig gewesen seien, wie Umberto Tedeschi vom BFS sagt. Aber: «Das Erfassen solcher Filme gehört
nicht zu unserem Auftrag.» Anzunehmen ist, dass in der Schweiz die Zuschauerzahlen für «Schulmädchen- Report» in die Hunderttausende gehen. Weltweit sollen es über 100 Millionen Menschen gewesen sein.
Klangvolle Namen
Die «Darstellerinnen» waren oft junge Verkäuferinnen aus den umliegenden Kaufhäusern in München. Sie wussten zwar nicht immer so genau, worauf sie sich da einliessen, bekamen aber im-merhin 500 Mark Tagesgage, was damals fast dem Monatsgehalt einer Verkäuferin entsprach. Mit wachsendem Filmerfolg stiegen auch die Gagen, und es kamen sogar ein paar «richtige» Schauspieler hinzu, von denen einige heute recht klangvolle Namen haben: Heiner Lauterbach, Jutta Speidel, Lisa Fitz, Ingrid Steeger, Sascha Hehn oder Cleo Kretschmer. Auch mitgewirkt hat ein gewisser Horst Lettenmayer, der den allermeisten von uns aus dem «Tatort» bekannt ist. Dort wirkt er seit Anbeginn in jeder Folge mit – die Augen im Vorspann gehören ihm.
Steinreich wurde aber nur Produzent Hartwig, auch wenn weder der eilends abgedrehte zweite Teil («Was Eltern den Schlaf raubt», 1971) noch die weiteren 11 Folgen die Zahlen des Erstlings erreichten. 1980 war dann das Konzept definitiv abgenudelt. Immerhin: Schulmädchen- und krachlederne Almdudler-Erotik («Unterm Dirndl wird gejodelt») verhalfen später den deutschen TV-Privatsendern auch noch zu respektablen Einschaltquoten.
«Diese Filme waren nicht harmlos»
Klaus Heer, wie bewerten Sie die Welle der damaligen «Aufklärungsfilme» aus heutiger Sicht?
Klaus Heer*: Mit heutigen Augen betrachtet wirken diese Machwerke peinlich, nicht nur ihre Machart, sondern vor allem die doppelbödige Geschäftsidee. Hinter dem dürftigen Feigenblatt der recherchierten «Wissenschaftlichkeit» sass nichts als schäbige Pornografie. Verbrämt mit «Aufklärung» und «Dokumentation» schaffte man es knapp, die Filme an den Zensurbehörden vorbeizudrücken.
Könnte es denn nicht sein, dass die Filme dennoch aufklärerisch wirkten?
Heer: Tatsächlich gibt es dort immer wieder solche belehrenden Passagen. Zum Beispiel zeigt ein alternder Biologielehrer den nuttig aufgemachten, kichernden Schülerinnen, wie man sich ein Kondom überstreift, über den Daumen, versteht sich. Dass in den frühen Siebzigerjahren unverblümt über Sex gesprochen wurde, war auch neu. Inzwischen wissen wir aber, dass man öffentlich so viel über Sex reden kann, wie man will – in den eigenen vier Wänden und vor allem eigenen Doppelbett ist und bleibt man stumm.
Haben diese Filme unser Sexualverhalten beeinflusst?
Heer: Aber sicher! Sie haben zu ihrer Zeit Wesentliches zur umfassenden Pornografisierung der Sexualität beige- tragen. Und zwar in doppelter Hinsicht: Erstens spielt das Optische in den letzten Jahrzehnten im Sex eine immer gewichtigere Rolle. Das geht bis hin zu der Überzeugung, dass eigentlich nur mit gutem Gefühl Sex haben könne, wer über einen makellosen Körper verfüge. Man muss jung und schön sein. Vor allem die Frauen. Frischfleisch ist gefragt. In der Pornografie, in der alltagspornografischen Werbung und schliesslich konsequenterweise auch im heimischen Bett. So stellen sich das vor allem die Männer vor. Ihre Sexualität ist kaputtgemacht von diesen Fantasiebildern, von diesen Frauen, die blutjunge «Schulmädchen» sind. Die rasen vor Gier, ältere Männer rumzukriegen.
Klaus Heer*: Mit heutigen Augen betrachtet wirken diese Machwerke peinlich, nicht nur ihre Machart, sondern vor allem die doppelbödige Geschäftsidee. Hinter dem dürftigen Feigenblatt der recherchierten «Wissenschaftlichkeit» sass nichts als schäbige Pornografie. Verbrämt mit «Aufklärung» und «Dokumentation» schaffte man es knapp, die Filme an den Zensurbehörden vorbeizudrücken.
Könnte es denn nicht sein, dass die Filme dennoch aufklärerisch wirkten?
Heer: Tatsächlich gibt es dort immer wieder solche belehrenden Passagen. Zum Beispiel zeigt ein alternder Biologielehrer den nuttig aufgemachten, kichernden Schülerinnen, wie man sich ein Kondom überstreift, über den Daumen, versteht sich. Dass in den frühen Siebzigerjahren unverblümt über Sex gesprochen wurde, war auch neu. Inzwischen wissen wir aber, dass man öffentlich so viel über Sex reden kann, wie man will – in den eigenen vier Wänden und vor allem eigenen Doppelbett ist und bleibt man stumm.
Haben diese Filme unser Sexualverhalten beeinflusst?
Heer: Aber sicher! Sie haben zu ihrer Zeit Wesentliches zur umfassenden Pornografisierung der Sexualität beige- tragen. Und zwar in doppelter Hinsicht: Erstens spielt das Optische in den letzten Jahrzehnten im Sex eine immer gewichtigere Rolle. Das geht bis hin zu der Überzeugung, dass eigentlich nur mit gutem Gefühl Sex haben könne, wer über einen makellosen Körper verfüge. Man muss jung und schön sein. Vor allem die Frauen. Frischfleisch ist gefragt. In der Pornografie, in der alltagspornografischen Werbung und schliesslich konsequenterweise auch im heimischen Bett. So stellen sich das vor allem die Männer vor. Ihre Sexualität ist kaputtgemacht von diesen Fantasiebildern, von diesen Frauen, die blutjunge «Schulmädchen» sind. Die rasen vor Gier, ältere Männer rumzukriegen.
Sind diese Männerfantasien noch immer tonangebend?
Heer: Paradoxerweise ja. Das ist jetzt mein zweiter Punkt: In den letzten Jahrzehnten haben die Frauen ihre Gleichstellung in vielerlei Hinsicht er- kämpft – nicht aber im Bett. Bei den simplen Männersexfantasien à la «Schulmädchen-Report» wollen zwar viele Frauen nicht mehr mitmachen wie zahllose Frauengenerationen vor ihnen; sie sagen – meist nach einer langen Leidenszeit: «Nein, so nicht mehr!» Aber wie denn? Wie möchten sie von ihrem Mann geliebt werden, körperlich? Sie wissen es nicht. Wie soll es dann ihr Mann wissen? So kommt es, dass die konkrete Paarsexualität entweder noch immer männerbestimmt oder aber festgefahren ist in der Verweigerungsblockade. Beides hat mit Liebe nichts zu tun. Die «Schulmädchen-Reports» waren penetrante Wegweiser in diese Sackgasse.
Dann wäre die Wirkung dieser Filme langfristig mehr als nur lächerlich oder peinlich?
Heer: Diese Produkte waren nicht so harmlos, wie sie daherkamen. Sie haben schon vor vierzig Jahren gezeigt, in welcher Richtung wir uns in der Sexualität bewegen. Ich rede nicht von Moral. Ich meine die erschreckende erotische Verödung, in die uns der gigantische Internetporno-Tsunami gestürzt hat. So etwas hat es in Menschheitsgeschichte bisher nicht gegeben. Und wir wissen nicht, wie sich das auf Dauer auswirkt. Auf uns und unsere Liebesbeziehungen. Und auf unsere jungen Menschen. HAG
* Klaus Heer (66) ist Paartherapeut, Psychologe und Autor. Neustes Buch: «Klaus Heer, was ist guter Sex?» (Wörterseh-Verlag).
www. klausheer.com
Heer: Paradoxerweise ja. Das ist jetzt mein zweiter Punkt: In den letzten Jahrzehnten haben die Frauen ihre Gleichstellung in vielerlei Hinsicht er- kämpft – nicht aber im Bett. Bei den simplen Männersexfantasien à la «Schulmädchen-Report» wollen zwar viele Frauen nicht mehr mitmachen wie zahllose Frauengenerationen vor ihnen; sie sagen – meist nach einer langen Leidenszeit: «Nein, so nicht mehr!» Aber wie denn? Wie möchten sie von ihrem Mann geliebt werden, körperlich? Sie wissen es nicht. Wie soll es dann ihr Mann wissen? So kommt es, dass die konkrete Paarsexualität entweder noch immer männerbestimmt oder aber festgefahren ist in der Verweigerungsblockade. Beides hat mit Liebe nichts zu tun. Die «Schulmädchen-Reports» waren penetrante Wegweiser in diese Sackgasse.
Dann wäre die Wirkung dieser Filme langfristig mehr als nur lächerlich oder peinlich?
Heer: Diese Produkte waren nicht so harmlos, wie sie daherkamen. Sie haben schon vor vierzig Jahren gezeigt, in welcher Richtung wir uns in der Sexualität bewegen. Ich rede nicht von Moral. Ich meine die erschreckende erotische Verödung, in die uns der gigantische Internetporno-Tsunami gestürzt hat. So etwas hat es in Menschheitsgeschichte bisher nicht gegeben. Und wir wissen nicht, wie sich das auf Dauer auswirkt. Auf uns und unsere Liebesbeziehungen. Und auf unsere jungen Menschen. HAG
* Klaus Heer (66) ist Paartherapeut, Psychologe und Autor. Neustes Buch: «Klaus Heer, was ist guter Sex?» (Wörterseh-Verlag).
www. klausheer.com
© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor