Dr. Klaus Heer

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FAQ: Häufige Fragen & mögliche Antworten

In der Presse werden Sie manchmal als «Sexualtherapeut» gehandelt. Sind Sie das?
Nicht wirklich, nein. Ich kümmere mich um Paare und deren vielfältige Anliegen. Das macht meinen Beruf vielschichtig und anspruchsvoll – genauso wie das Leben und Zusammenleben eines jeden Paares. Sexualität als isoliertes Phänomen zu betrachten liegt mir nicht. Sie ist Teil und Ausdruck der gelebten Liebe und keine störanfällige, oft reparaturbedürftige Einrichtung.
Sie bieten neuerdings auch Paar-Coaching über FaceTime und Skype an. Ist das Ihr Ernst?
Ja, einen ernsthaften Versuch kann es durchaus wert sein. Manche geografische Distanzen zwischen den Partnern und zwischen dem Paar und mir kann das Internet spielend überwinden. Begleitete Paararbeit am Monitor kann echt intensiv und konzentriert sein, für alle drei Beteiligten.

Dennoch ist die Skepsis in Ihrer Frage nicht unbegründet. Für Paare, die ihre Schwierigkeiten gewöhnlich mit grossen emotionalen Ausschlägen begleiten, kann es bedrohlich werden, wenn ich nicht leibhaftig da bin in dem Moment, wo sie zusammen in Fahrt kommen. Und ich selbst würde mir da auch unangenehm ohnmächtig vorkommen.

Dass ein Paar von zu Hause aus mit mir zusammenarbeitet statt zu mir zu reisen, hat überdies den Nachteil, dass die beiden damit bei ihrem Beziehungsaufwand sparen. Das zusammen Reisen, Speisen und extra zweisame Zeit Investieren kann den Neustart bereichern. Wenn es aber nicht um einen Neuanfang geht, sondern um eine schwierige hängige Weichenstellung für die Zukunft der Beziehung, erweist sich genau das als quälend. Reibung schmerzt und irritiert.
Welche Voraussetzung müssen erfüllt sein, damit Sie in eine digitale Paartherapie einwilligen?
Das Paar, bzw. die beiden Partner müssen absolut ungestört sein während des Gesprächs. Keine Kinder, keine Besuche, keine Anrufe, keine Tiere. – Die Arbeit zu dritt macht nur dann Freude, wenn das Paar technisch genauso gut ausgerüstet ist wie ich. Schrottreife Hardware, rückständige Software und eine miese Internetverbindung belasten oder strapazieren unseren Kontakt. Bevor unsere Zusammenarbeit starten kann, machen wir einen technischen Check.
Offenbar arbeiten Sie mit Ihren Paaren auch bei denen zu Hause. Wie muss ich mir das vorstellen?
Ganz einfach wie die Schneiderin, der Hausmetzger und der Schnapsbrenner früher zu ihren Kunden auf Stör gingen. Als Störberater werke ich mit meinem Paar genau gleich wie bei mir zu Hause – sofern ich vergleichbare Bedingungen habe: Null Komma null Störung durch Kinder, Besuche, Anrufe oder Tiere. Andernfalls würde ich sofort das Weite suchen. Am liebsten sitze ich im Dreieck, wenns geht ohne Tisch dazwischen. Ein feiner Stubentisch hat aber auch etwas für sich. Oder ein Sitzplatz, eine Pergola oder unter einem grossen Baum wäre auch schön, sofern es still und klimatisch angenehm ist.
Was kosten Sie, wenn Sie online oder als Störtherapeut wirken?
Genau gleich viel wie bei mir zu Hause. Ich berechne präzis meine Netto-Arbeitszeit. Die technische Vorbereitung, bzw. meine Reisezeit samt Reisekosten gehen voll zu meinen Lasten.
Was mache ich, wenn mein Partner – Mann oder Frau – sich dagegen sperrt, zu Ihnen in die Beratung mitzukommen?
Ihr Partner wird seine Gründe haben, einleuchtende Gründe. Vor allem Befürchtungen, Bedenken, Zweifel, Widerstand. Womöglich aufgrund mieser Erfahrungen. Oder vielleicht glaubt er, Ihre Initiative sei Teil des nicht enden wollenden Machtkampfs zwischen Ihnen beiden. Kurz: Es wäre günstig, wenn Sie ungefähr wüssten, wie es kommt, dass er zu Hause bleiben und die «Probleme selber lösen» möchte, obwohl das offensichtlich nicht geht.

Konkret gibt es zwei bescheidene Möglichkeiten, die Sie einsetzen könnten, bevor Sie aufgeben und resignieren.

Vielleicht gelingt es Ihnen, Ihren Partner dafür zu interessieren, dass er sich über die bestehenden paartherapeutischen Angebote informiert. Googlen Sie selbst im Netz und bieten Sie ihm mindestens drei Links von Paarberatern, die Ihnen vertrauenswürdig erscheinen. Auf Gerüchte und vage «Empfehlungen» von Bekannten sollten Sie sich nicht verlassen. Homepages sind heutzutage relativ aufschlussreiche Produktdeklarationen.

Es ist gut möglich, dass Sie nicht darum herumkommen, Druck auf Ihren Partner – Mann oder Frau – auszuüben. Sie kennen ihn ja wie sonst niemand. Also können Sie am besten abschätzen, wieviel von welchem Druck Sie wann und wo aufsetzen müssen, um zum Ziel zu kommen. Nämlich nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig.

Reden Sie nicht von «Therapie». Niemand ist krank. Schlagen Sie ihm eher vor, zu einer einzigen Sitzung zu einer Fachperson nach seiner Wahl mitzukommen. Dort könnten Sie zusammen klären, wo und wie Sie gemeinsam ansetzen könnten, um aus dem Beziehungssumpf herauszufinden. Sagen Sie ihm, Sie wünschten sich dieses eine begleitete Gespräch liebend gern zu Ihrem Geburtstag.
Mein Mann redet seit langem nicht mehr mit mir, nur das Nötigste. Er wird auch bei Ihnen den Mund nicht aufmachen.
Das Nötigste genügt. Mehr braucht es hier in der Beratung nicht, um Ihre Beziehung in Bewegung zu bringen. Ich werde mein Bestes geben, dass Sie beide, Ihr Mann und Sie, sich dabei nicht mehr im Weg stehen.
Werden Sie mit uns beiden unsere Kindheit und Jugend bearbeiten, wenn es um unsere aktuellen Probleme geht?
Es kann sein, dass wir vereinzelt kurz darauf zu sprechen kommen, wenn Sie das möchten. Ich lege aber keinen grossen Wert darauf, dass wir uns in den Weiten Ihrer Urzeit verlieren. Dafür wäre eine Einzelpsychotherapie geeignet. Wenn es nach mir geht, fahnden wir zu dritt eher nach brachliegenden Kräften, die Sie zur Sanierung Ihrer Zweisamkeit aktivieren könnten, jetzt und in naher Zukunft. Hingegen gibt es vielleicht in Ihrer gemeinsamen Liebesgeschichte Ressourcen, die Gold wert sind. Diese werden wir wenn möglich bergen und neu nutzen.
Sie arbeiten seit über 40 Jahren als Paartherapeut. Haben Sie nicht langsam die Nase voll von den ewig gleichen Problemen?
40 Jahre sind im Nu vorbei, wenn man einen so interessanten Beruf hat wie ich. Kein Paar gleicht dem anderen. Mehr noch: nicht nur eines jeden Paares Schwierigkeiten sind einzigartig und speziell; auch die möglichen Lösungswege sind höchst individuell – vorausgesetzt, es ist jemand da, der sie sieht. Die gemeinsame schöpferische Suche ist jedesmal ein gänzlich neues Abenteuer. Das Gegenteil von langweilig. Und jedes Paar macht dabei die Erfahrung, wie lohnend es ist, sich wieder füreinander zu interessieren – wie damals zu Verliebtheitszeiten.
Sind Sie eigentlich daran interessiert, dass es Ihren Klientenpaaren gelingt, ihre Beziehung zu verbessern?
Ja, natürlich! Was für eine Frage! Schliesslich bin ich auch nur ein Mensch und liebe es, wenn zwei Leute es richtig gut haben miteinander. Nur, es gibt da ein kleines Problem. Sobald die Zusammenarbeit mit dem Paar startet, wird schnell klar, dass die beiden nicht dasselbe anstreben. Sie haben meistens unterschiedliche Vorstellungen, wohin die Reise gehen soll, ja sogar, ob's überhaupt eine gemeinsame Reise werden wird. Etwas zugespitzt möchte ich sagen: Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, dass alles bleibt, wie's ist. Dass nichts sich bewegt und die Beziehung weiterhin feststeckt in der lieblosen Stagnation, im lauten oder stummen Zwist. Mit allen anderen möglichen Weichenstellungen müssen oder dürfen wir drei rechnen.
Belastet es Sie persönlich, wenn Beziehungen quasi unter Ihren Augen scheitern und zu Bruch gehen?
Kalt lässt mich das nie. Manchmal bleibe ich nach der Sitzung sitzen und versuche die Dinge zu begreifen. Häufig, ja meistens gelingt mir das nicht wirklich. Das Schicksal eines Paares ist so oder so ein unergründliches Rätsel. Ich rechne jederzeit mit allem, also auch mit Entwicklungen, die man gemeinhin als «Scheitern» bezeichnet. Am schwersten auszuhalten ist für mich, wenn ein Paar partout nicht aus dem intimen Elend herauskommt, das die Zwei zu mir geführt hat. Denn ich muss mich fragen, ob ich in diesem Fall vielleicht Teil des Problems geworden bin, statt zur Lösung Wesentliches beigetragen zu haben.
Wie steht es mit den Erfolgen Ihrer Paartherapien?
Wann ist eine Beratung ein Erfolg? Ich masse mir je länger je weniger an, zu beurteilen, ob das Wegstück erfolgreich war, das dieses konkrete Paar mit mir gegangen ist. Ich habe keine Ahnung, was ein «Erfolg» sein könnte. Wenn die beiden zusammen bleiben – freiwillig zumindest? Wenn sie weniger Krach haben oder netter sind zu einander? Oder wenn sie den Mut haben (das heisst einer von beiden), die verblühte Beziehung hinter sich zu lassen? Ich kann es nicht wissen. Niemals würde ich drei Jahre nach unseren Therapiestunden anrufen und fragen: «Und, wie geht's Ihnen beiden?» Das verbietet mir meine professionelle Diskretion.
Sie sind ja ein Mann und können vielleicht mich als Frau nicht so verstehen, wie es eine Frau könnte.
Das ist gut möglich. Aber was hätten Sie davon? Was nützte es Ihrer Liebe? Ich verlocke Sie viel lieber dazu, dass Sie selber alles daran setzen, Ihren Partner, Ihre Partnerin besser zu verstehen. Oder besser: seine oder ihre eigene Fremdheit so grossherzig wie möglich zu umarmen.
Wäre es nicht besser, wenn wir ein Therapeuten-Paar hätten, damit wir uns beide verstanden fühlen könnten?
Genau das habe ich vor vierzig Jahren angeboten, zusammen mit einer Kollegin. Es stellte sich aber bald heraus, dass wir damit vor allem unsere Anfänger-Unsicherheit in den Griff zu bekommen versuchten. Bis ich feststellte: Meine Unsicherheit brauche ich nicht an die Leine zu nehmen. Sie macht mich nämlich neugierig und unvoreingenommen und findig. – Übrigens ist ein Kotherapeuten-Gespann wirtschaftlich kaum tragbar: viel zu teuer für das Klientenpaar und gleichzeitig schmalhansig für die beiden Fachleute.
Wie oft sehen Sie Ihre Klientenpaare?
Abonnemente biete ich keine an. Von Sitzung zu Sitzung machen wir zu dritt klar, ob wir uns wieder sehen und wenn ja, in welchem Abstand. Wenn es dringend und lastend ist, schlage ich meinen Minimalabstand von ungefähr vier Wochen vor. Der Rohstoff, mit dem wir hier in der Praxis arbeiten können, ist das real gelebte Leben und Zusammenleben. Sieben Tage ergeben gewöhnlich zu wenig verwertbare Erfahrung.
Geben Sie Hausaufgaben von einer Beratungs-Sitzung zur nächsten?
Häufig zeigt sich in unserem Dreiergespräch, wie die Zwei konkret und handfest in ihre Beziehung investieren können. Dabei ist mein Beitrag, Ideen und Impulse zu generieren oder die Projekte darauf zu prüfen, ob sie realistisch sind. Zum Beispiel sagt ein Paar zu, bis zum nächsten Termin auszuhandeln, wer künftig für welche Aufgaben mit den Kindern und im Haushalt zuständig ist. Oder einer von beiden übernimmt die Verantwortung, dass sie pro Woche einmal einen kleinen Spaziergang miteinander machen. Oder sie verpflichten sich, gemeinsam herauszufinden, wie sie ihre Treue definieren wollen, konkret. Wo fängt Untreue an?
Was passiert, wenn ein Paar die Hausaufgaben vergisst oder einfach nicht macht?
In der Schule muss man nachsitzen; hier in der Paartherapie können wir hingegen klären, ob das Projekt entweder überfordernd, daneben, unrealistisch, langweilig oder humorlos konzipiert war.
Wenn ich (oder eines meiner Kinder) in der Nacht eine grobe Grippe-Attacke erleide und wir am kommenden Nachmittag bei Ihnen angemeldet sind, müssen wir die Sitzung dann tatsächlich voll bezahlen, obwohl wir doch überhaupt nichts dafür können?
Ist herzlos, nicht wahr? Sie können sich vielleicht nicht vorstellen, wie schwer es mir fällt, diese Spielregel konkret anzuwenden. Zum Glück muss ich das nur selten. Meistens ist es unmöglich, eines meiner wartenden Paare so kurzfristig und erfolgreich in eine solche Termin-Lücke einzuladen. Sodass der Verdienstausfall ganz auf mich fiele. Das wäre hart für mich, und meine AGBs sollen das mildern. Solche Bestimmungen sind branchenüblich, nur die Absagefristen schwanken – von 24 Stunden bis 7 Tage. Ich habe mich für 48 Stunden entschieden. Übrigens, wenn ich den verspätet abgesagten Termin doch noch mit einem anderen Paar besetzen kann, mache ich das nur zu gern. Damit niemand zu Schaden kommt.
Paar und Beratung
Was Paare von einer Therapie erwarten. Wo die erotisch-sexuellen Schätze eines Paares zu finden sind. Eine Bestandesaufnahme nach 42 Jahren Praxis.

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© Dr. Klaus Heer: Psychologe – Paartherapeut – Autor